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KI, Grundeinkommen und die SPD

Gastbeitrag von Daniel Mönch  @pr02


Antwort an Lars Klingbeil

Der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat sich in einem Gastbeitrag zum Thema KI Künstliche Intelligenz geäußert und einen fünf Punkte Plan unter dem Motto „Schluss mit Angst vor Künstlicher Intelligenz“ für KI in Deutschland aufgestellt.

Deutschland hat im Herbst 2018 die KI entdeckt. Auf den ersten Blick sehr löblich, dass sich gerade die SPD sich für neue Technologien öffnet und anscheinend bereit ist, neue Wege zu gehen. Lars Klingbeil, der seit Jahren netzpolitisch für die Sozialdemokraten aktiv ist, kann  vermutlich auch als einer von Wenigen in der SPD diese Richtungsänderung glaubhaft vermitteln. Dass er trotz vieler Probleme gerade ein digitales Thema wählt, ist ein Zeichen, dass sich die Zeiten ändern und auch die alte Dame SPD ihre Augen davor nicht länger verschließen kann.

Leider verbleibt Klingbeil bei seinen Vorstellungen zu KI in Deutschland zu sehr in sozialdemokratischen Denkmustern verhaftet. Für eine KIStrategie wird mehr als nur Geld benötigt; dafür braucht es ein besonderes Ökosystem. Technologiecluster wie Silicon Valley entstehen nicht, weil jemand einfach ein wenig Geld investiert. Das Silicon Valley ist um die Universität Stanford herum gewachsen. Durch gründerfreundliche Politik haben immer mehr Absolventen Unternehmen mit neuen technischen Lösungen gegründet. Diese Startup-Kultur rund um eine Universität ist die Grundlage des Ganzen. Durch wiederholte Erfolgsgeschichten hat sich dort auch zunehmend VentureKapital/Risikokapital angesiedelt. Inzwischen kommen Gründer aus allen Teilen der Welt (auch Deutschland), die ihr Unternehmen nicht in ihrem Heimatland gründen. sondern direkt im Valley, um von der Dichte an qualifiziertem Personal, verfügbaren Investitionen und Knowhow sowie einem relativ lockeren Arbeitsrecht zu profitieren. Manche Angestellte arbeiten dort Freitag in einem Unternehmen und Montag schon in einer neuen Arbeitsstelle bei einem gerade gegründeten Unternehmen.

Die Situation in Deutschland sieht leider auch gerade wegen der Politik der SPD ganz anders aus. Arbeitnehmerrechte einzuschränken und Unternehmen zu fördern ist quasi das Gegenteil des Markenkerns der SPD. Doch genau solche Schritte wären nötig, um auch in Deutschland ernsthaft mit den USA oder China zu konkurrieren. Risikokapital ist in Deutschland auch nicht so leicht verfügbar wie in den USA, und ohne private Investoren wird das Projekt KI ein sehr teures werden. Auch ist Deutschland allein wohl kaum in der Lage, so ein Projekt in solch kurzer Zeit allein zu stemmen. Dazu bedarf es, wenn überhaupt, einer konzertierten europäischen Kraftanstrengung. Denn wir können von unseren europäischen Partnern einiges lernen, gerade wenn einem das Model des Silicon Valley zu sehr privatwirtschaftlich organisiert ist. Um die staatlich getragene Universität Wageningen in den Niederlanden hat sich zum Beispiel ein ähnliches Ökosystem wie in Stanford entwickelt. Anhand dessen könnte Deutschland lernen, wie eine Kooperation zwischen Universitäten, Unternehmen und Politik aussehen könnte und was dabei im europäischen Kontext zu beachten ist. Einfach nur irgendwelche Forderungen zu stellen, wie die KI denn zu sein hat, wird nicht reichen.

Nehmen wir einfach mal an, Lars Klingbeil bekommt seine Milliardensumme und die KI  Strategie der Bundesregierung ist tatsächlich mehr als nur ein paar nette Absichten. Was passiert dann mit dem Geld? Wird das der nächste Flughafen BER oder die nächste Elbphilharmonie?

Wenn Lars Klingbeil es ernst meint mit der KI, dann müssen Themen wie Bildung in einer digitalen Welt, moderne Infrastruktur, sowie der Zugang dazu neu gedacht werden. Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, Menschen auszusortieren, sondern müssen sie stattdessen individuell fördern, damit sie ihr Potential entfalten können. In Deutschland bestimmt immer noch das Elternhaus, ob ein Kind studiert oder nicht. Dieser Zustand müsste als erstes aufgehoben werden. Denn vielleicht hatten wir schon hunderte potentielle KIExperten, nur haben sie es in Deutschland nie an eine Universität geschafft, weil sie aus dem falschen Elternhaus kamen. Die bisherigen Versuche der Politik, das zu ändern, müssen leider als jämmerlich gescheitert betrachtet werden, da sich die Situation seit Jahren verschärft. Auch die soziale Absicherung durch den Staat ist ein Thema. Wer sich abgesichert fühlt, ist eher bereit, ein Risiko einzugehen und ein Startup zu gründen. Daher müssen auch Themen wie Grundeinkommen, Rentenreform sowie Zugang zum Internet, der in anderen Ländern bereits Verfassungsrang hat, in diesem Kontext diskutiert werden. Die Welt verändert sich. Entweder stellen wir uns diesen Veränderungen,  oder wir werden von ihnen überrollt.

Kreativität und damit technologische Entwicklung lassen sich nicht erzwingen. Alles was wir tun können, ist ein passendes Umfeld zu schaffen. Ein Umfeld, in dem Menschen kreativ arbeiten können. Die Aufgabe der Politik ist es, genau dieses innovationsfreundliche Klima zu schaffen. Das ist in Deutschland eine sehr viel größere Aufgabe, als einfach ein paar Milliarden Steuergelder durch die Politik in den Wind zu blasen. Hier muss es ein grundlegendes Umdenken geben, gerade bei der SPD. Wenn sie in einer modernen technologiebestimmten Welt bestehen will, muss sie einige der alten Glaubenssätze wie „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ aufgeben. Wer Angst hat, in Hartz4 zu landen, wird kaum das Risiko eingehen, ein Unternehmen zu gründen, um seine Ideen zu KI zu verwirklichen, sondern schön brav im regelmäßig bezahlten, sichern Job als Arbeitnehmer bleiben. Das sitzt bei jedem, der sich solche Gedanken macht, immer im Hinterkopf. 

Die Arbeit in der Technologie getriebenen Informationsgesellschaft ist nicht mehr zentrales Identifikationsmerkmal des Menschen. Der Mensch ist mehr als seine Arbeit, und auch Menschen, die keine Arbeit haben, sind ein Mehrwert für die Gesellschaft. Was bringt es uns, eine KI in Europa zu entwickeln, wenn unsere starre Gesellschaftsordnung darauf am schlechtesten vorbereitet ist?