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Kein Ende der Kupferzeit in Sicht: Glasfaser-Ausbau in Deutschland

Der Ausbau des Glasfaser-Netzes in Deutschland ist auch 2023 noch weit von den Standards anderer Industrienationen entfernt. Mit Stand 30. Juni 2023 sind erst 35,6% aller Haushalte in Deutschland mit Glasfaser abgedeckt, wobei eine Abdeckung bereits dann gilt, wenn das Kabel in 20 m Entfernung vom Haus verläuft. Andere europäische Staaten wie Schweden und Frankreich haben schon vor vielen Jahren Milliarden in den Netzausbau investiert und stufen die Versorgung mit schnellem Internet als Teil der Grundversorgung ein. In Deutschland gibt es zwar in den letzten Jahren vermehrt Programme wie das Gigabit-Förderprogramm, aber die Mittel reichen nicht aus: Für die 3 Milliarden Euro, die zur Verfügung gestellt wurden, gibt es bereits 50% mehr Förderanträge als verfügbare Mittel.

Glasfaserkabel auf einer grünen Wiese.Das Land Rheinland-Pfalz ist beim Ausbau der Glasfaser-Anbindung sogar innerhalb Deutschlands nur im unteren Mittelfeld zu finden. Hier wurde der Ausbau seitens der Landesregierung jahrzehntelang verschlafen, während man auf veraltete Technologien wie Kupferkabel setzte.

Wir PIRATEN warnen seit mehr als 10 Jahren davor, dass der mangelnde Ausbau vor allem im ländlichen Bereich zu massiven wirtschaftlichen Einbußen und einem Verlust an Lebensqualität führen wird. So mussten z.B.  die Meldung der Corona-Zahlen teilweise noch mit Faxgeräten erfolgen; die mangelhafte Anbindung der Schulen und der Schüler führte dazu, dass Homeschooling während der Pandemie zu einem Lotteriespiel wurde und die kaputt gesparte Warn Infrastruktur im Ahrtal versagte bei der Warnung der Bevölkerung und führte unter anderem zu der Katastrophe. Erst nachdem diese katastrophalen Folgen der mangelnden Anbindung ans Glasfasernetz in RLP offen zutage getreten war, reagierte die Landesregierung in Mainz. Seitdem konnte sich der „Digitalminister“ darüber freuen, dass 2023 in Rheinland-Pfalz bereits das erste Dorf komplett mit Glasfaser versorgt sei. Eine Meldung, die man angesichts des Fortschritts in anderen Bundesländern und europäischen Ländern eigentlich nur noch mit Zynismus quittieren kann.

Doch mit dem Ausbau allein ist es nicht getan: Die hohen Kosten für Glasfaseranschlüsse, die im europäischen Vergleich im Spitzenfeld liegen, schrecken viele potenzielle Kunden ab. Problem sind zum einen der erhöhte bürokratische Aufwand, zum anderen der sogenannte Überbau, also der doppelte Ausbau von Glasfaserleitungen innerhalb einiger Regionen durch verschiedene Firmen, begünstigt durch eine Politik, die vor allem auf privatwirtschaftlichen Ausbau und damit auf Konkurrenz setzt. Das bedeutet, dass die Firmen bei minimalem Aufwand maximalen Profit erwirtschaften möchten, was einem flächendeckenden Ausbau, vor allem in die zahlreichen ländlichen Gebiete in Rheinland-Pfalz, diametral entgegenwirkt. Gerade für die ländlichen Gebiete bedeutet jedoch eine Anbindung an ein schnelles Internet eine Möglichkeit, wirtschaftlich nicht den Anschluss zu verlieren. Der doppelte Ausbau bindet unnötig Planungs- und Baukapazitäten, was gerade in Zeiten von Ressourcen- und Fachkräftemangel zu Verzögerungen im Ausbau führt. Tauchen Probleme auf, wie z. B. aufgerissene Straßendecken, die nicht geschlossen werden, weil die Unternehmen nicht ausreichend Bautrupps zur Verfügung stellen, stehen vor allem kleinere Gemeinden oft alleine da und werden von den Unternehmen mit Hinhaltetaktiken abgespeist. Wir PIRATEN setzen uns deshalb dafür ein, dass der Ausbau und Erhalt von Infrastruktur und Grundversorgung in erster Linie die Aufgabe und Verantwortung von Bund und Ländern ist.

Als Endkunde sollte man sich immer bewusst sein, dass es bei neuen Anschlüssen zu Problemen kommen kann. Deshalb sollten bestehende Anschlüsse erst gekündigt, wenn der neue Anschluss vorhanden ist. In den letzten Jahren wurde die Position der Kunden gegenüber den Anbietern vor allem mit dem neuen Telekommunikationsgesetz von 2021 gestärkt. Das Gesetz regelt, dass bei einem Anbieterwechsel der Telefon- und Internetanschluss nicht länger als einen Arbeitstag unterbrochen werden darf. Wenn die versprochene Daten-Leistung nicht abgerufen werden kann, kann der Kunde kann das Entgelt mindern oder sogar den Vertrag kündigen. Die Geschwindigkeit der Datenübertragung können Kunden mit dem bei der Bundesnetzagentur hinterlegten Verfahren oder mit deren Breitband-App prüfen lassen. Zudem haben Kunden das Recht auf Beseitigung einer Störung der Telefon- oder Internetverbindung innerhalb von 24 Stunden nach Meldung. Zusätzlich sind die Anbieter verpflichtet, einmal jährlich die Kunden über bessere und günstigere Tarife zu informieren. Und zuletzt haben Kunden ein Recht auf Entschädigung, wenn ein Anbieter einen zugesagten Service-Termin nicht einhält. Sollte die Kommunikation mit den Anbietern nicht zu einer Verbesserung führen, dann sollten sich die Kunden an die Verbraucherzentrale wenden.

Eine schnelle Internetanbindung ist aus unseren Leben nicht mehr wegzudenken. Sie ist notwendig für soziale Interaktion, Informationsaustausch sowie der Nutzung von privaten und staatlichen Dienstleistungen.

Wir PIRATEN sehen es daher als Grundaufgabe der Politik, für eine flächendeckende Abdeckung zu sorgen, die dem aktuellen Stand der Technik entspricht. Der seit Jahrzehnten verschlafene Ausbau im Bereich Glasfaser ist zu forcieren, unter der Planungshoheit von Ländern und Kommunen, denn sonst besteht die Gefahr, dass gerade das Land Rheinland-Pfalz den Anschluss an moderne Technologien verpasst und auf den Stand eines Heimat-Museums für die Kupferzeit zurückfällt.