Bildung

Braucht Rheinland-Pfalz die Bildungswende jetzt?

Bildung ist ein Schlüssel zu einer demokratischen Gesellschaft. Umso besorgniserregender ist es, dass das Land Rheinland-Pfalz seit Jahren an Bildung spart. Braucht Rheinland-Pfalz die Bildungswende jetzt?

Am Wochenende hat ein breites Bündnis von Landesschulelternbeiräten, Erzieher:innen, GEW bis zu Schülervertretungen in Mainz auf der eigens dafür organisierten Kundgebung die „Bildungswende jetzt“ gefordert. Auf dem Mainzer Domplatz fanden sich rund 400 Menschen ein, um für ein besseres Bildungssystem zu demonstrieren. Engagierte Piraten aus Mainz waren ebenfalls zugegen, um das Bündnis und ihre Forderungen zu unterstützen.

Die Forderungen [1] des Bündnisses sind:

1. Schule und Kita GERECHT, ZUKUNFTSFÄHIG und INKLUSIV machen.

Dies will man erreichen, indem man die Lehrpläne an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anpasst, alternative Leistungsbewertungen entwickelt, die Schulentwicklung gemeinsam nachhaltig gestaltet und multiprofessionelle Teams als festen Bestandteil in allen Schulen installiert.

Wir PIRATEN fordern seit 2010 eine Reform des Bildungswesens. Insbesondere liegt uns dabei die Digitalisierung der Lernmittel, die Einführung des Fachs Informatik und eine umfassende Bildung in Medienkompetenz am Herzen. [2] Gleichzeitig sehen wir Schule auch als Ort, um die Werte unserer demokratische, offenen und freien Gesellschaft zu vermitteln. Wir benötigen einen klaren Fokus auf politische und demokratische Bildung in den Schulen. [3]
Alternativen Leistungsbewertungen sind wir sehr aufgeschlossen, so könnten wir PIRATEN in RLP uns vorstellen, die traditionelle Leistungsbewertung in Form von Noten durch eine Gamification [4]  der Bewertung zu ersetzen. Fortschrittsbalken und Punktetabellen motivieren die Lernenden, sich zu verbessern. Die Bewertung erfolgt nach objektiven Kriterien durch eine Software. Statt Sanktionen für Fehler gibt es also Belohnung für Erfolge.

2. AUSBILDUNGSOFFENSIVE für Lehrer:innen und Erzieher:innen

Das Bündnis fordert dazu einen Staatsvertrag Lehrkräftebildung, der alle Bundesländer verpflichtet, genügend Lehrkräfte auszubilden und die Studienabschlüsse gegenseitig anzuerkennen. Die Reform der Lehramtsausbildung und eine bessere Verzahnung mit der Praxis als auch bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen für Erzieher:innen.

Natürlich trifft der Fachkräftemangel auch die Bildungsbranche. Erzieher:innen sind seit Jahren Mangelware und die Pensionierungswellen hinterlassen große Lücken im Lehrpersonal in den Schulen, die in Teilen nicht ersetzt werden können. Derzeit arbeiten rund 40.000 Lehrkräfte in den Schulen in RLP [5]. Ministerin Hubig [SPD] kündigte zwar 660 Planstellen für den Bereich Schule Ende letzten Jahres an [6]. Aber was nützen den Schulen Planstellen, wenn die Lehrkräfte dazu fehlen. Laut einer GEW Umfrage fehlen c.a. 6300 Lehrkräfte im Land.[7] Wir benötigen eine Ausbildungsoffensive, um dauerhaft eine gutes, zukunftssicheres und inklusives Lehrangebot in den Schulen zu gewährleisten. Der Lehrerberuf muss für junge Menschen wieder attraktiver gestaltet und das Image des Lehrerberufes wieder gesteigert werden.

Wir PIRATEN fordern insbesondere, dass keine befristeten Lehrverträge mehr geschlossen und die angestellten Lehrkräfte, wie ihre verbeamteten Kollegen durchgehenden beschäftigt werden. Dazu führte Koordinator Jonas Wessels für die AG Bildung der Piratenpartei auf Bundesebene bereits April letzten Jahres aus [8]: „Das Lehramtsstudium ist von vornherein schon gegenüber einer wirtschaftlichen Ausbildung im Nachteil. Dies wird durch die saisonale On-Off-Situation auch noch verschlimmert. Ebenso stärkt es die Gerüchteküche bzw. das falsche Bild vom ‘faulenzenden’ Lehrpersonal im Sommer. Dies wurde jahrelang verschlafen und muss unbedingt behoben werden, um den Beruf zu schützen und nicht in einen Lehxit zu geraten.“

 

Quelle: Pressebild der Bildungsinitiative

3. SONDERVERMÖGEN Bildung und ausreichende Finanzierung

Die Initiative fordert weiterhin ein Sondervermögen von 100 Mrd. Euro für die notwendigen Investitionen in Schulen und Kitas. Gleichzeitig bestehen sie darauf, dass die Beschlüsse des Dresdner Bildungsgipfels 2008 eingehalten und mind. 10 % des BIP für Bildung und Forschung bereitgestellt werden.

Bildungsministerin Hubig erklärte zwar anlässlich der Proteste, dass das Land Rheinland-Pfalz bereits jeden vierten Euro in die Bildung stecke und der Etat für Bildung mit fast 6 Milliarden Euro der größte Einzelposten im Landeshaushalt sei [9].
Aber kommen diese Gelder auch wirklich in den Schulen an?
Ein Budget von 5,7 Mrd. Euro stehen dem Ministerium von Bildungsministerin Hubig für den Bereich Bildung zur Verfügung. [10] Hört sich erst einmal viel an. Aber allein 1.344.769.000,00 EUR davon wandern bereits heute in Versorgungsbezüge und Beihilfen für Ruheständler und 124.128.000,00 für die Hinterbliebenenversorgung. Seit 2020 stieg das Budget für Versorgungsbezüge bereits um 334.486.300 EUR an. Tendenz steigend.
Für Investitionen in die Bildung stehen also nur rund 4,2 Mrd. Euro inklusive der Kosten für die Ministerien und Schulverwaltungen, zur Verfügung. Nicht viel, wenn man überlegt, dass die Bildung von jungen Menschen über die Zukunft unserer Gesellschaft entscheiden wird.
Nicht umsonst hat die OECD Deutschland gerügt, zu wenig in Bildung zu investieren.

Wir PIRATEN fordern daher eine Anhebung der Finanzierung gemessen am Bruttoinlandsprodukt mindestens auf den OECD-Durchschnitt. Bildung ist nicht nur Ländersache, sondern eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Wir setzen uns für eine Aufhebung des Kooperationsverbotes ein. Der Bund muss öffentliche Bildungseinrichtungen finanzieren dürfen. [11]

4. echter BILDUNGSGIPFEL auf Augenhöhe

Um all diese Probleme zu lösen, fordert das Bündnis einen echten Bildungsgipfel, in dem sich Fachpolitiker:innen aus Bund und Ländern zusammen mit Fachleuten aus der Praxis, Elternvertreter:innen als auch Vertreter:innen aus der Zivilgesellschaft austauschen, um bundesweit einen zukunftsfesten Plan für die Bildung ab dem frühkindlichen Alter zu haben.

Wir PIRATEN unterstützen ein solches Vorhaben. Wir verfolgen seit unserer Gründung die Idee, dass Bildungspolitik keinen föderalen und bundeslandspezifischen Regelungen mehr unterliegen sollte. Im Rahmen eines zusammenwachsenden Europas müssen wir uns den Herausforderungen, die die Harmonisierung der verschiedenen EU Bildungssysteme und Anerkennung der Abschlüsse mit sich bringen, meistern. Wenn wir dies nicht innerhalb unseres Bildungssystems adäquat abbilden können, werden wir den Anschluss an Europa auf dem Bildungssektor endgültig verlieren.  Daher sollen Bildungsentscheidungen vom Bund getroffen und Abschlüsse bundesweit vergleichbar sein. Es soll dem Bund erlaubt sein, sich an Ausgaben für Bildung in den Ländern zu beteiligen. Die Lehr- und Lerninhalte sind soweit möglich zu vereinheitlichen und so zu gestalten, dass sie den heutigen und für die Zukunft zu erwartenden Anforderungen an ein selbstbestimmtes Leben in der sich verändernden Gesellschaft gerecht werden. [12]

Fazit:

Es war eine tolle Veranstaltung und die Forderungen der Initiative sind in vielerlei Hinsicht, deckungsgleich mit den Forderungen der Piratenpartei Rheinland-Pfalz. Lasst uns aktiv werden, sie umzusetzen. Denn
Bildung ist unabdingbares Menschenrecht.


[1] https://schule-muss-anders.de/wp-content/uploads/2023/09/PlakatAppell.pdf
[2] https://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2021/Wahlprogramm#Digitalen_Lernraum_gestalten
[3] https://www.piraten-rlp.de/wahlprogramm/bildung/#politische-bildung
[4] https://www.piraten-rlp.de/wahlprogramm/bildung/#gamification
[5] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/201496/umfrage/anzahl-der-lehrer-in-deutschland-nach-bundeslaendern/
[6] https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/landtag-beraet-doppelhaushalt-100.html
[7] https://www.tagesschau.de/inland/regional/rheinlandpfalz/swr-gew-sieht-deutlichen-lehrermangel-und-will-masterplan-100.html
[8] https://www.piratenpartei.de/2022/08/02/jaehrlich-42-tage-arbeitslos-wie-bildungspolitik-das-lehrpersonal-scheitern-laesst/
[9] https://bildungsklick.de/fruehe-bildung/detail/bundesweiter-bildungsprotesttag-gemeinsame-verantwortung-fuer-bildung
[10] https://fm.rlp.de/themen/finanzen/landeshaushalt/haushalt-interaktiv
[11] https://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2021/Wahlprogramm#Finanzierung_der_Bildung
[12] https://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Bildung