Allgemein

Pläne über die diskutiert wird, sollten bekannt sein

Gastkommentar von Jürgen Grothof:

Wer den Zustand der aktuellen deutschen Politik mit einem Satz beschreiben will:

„Sie diskutiert über einen 63 Punkte Plan den keiner kennt!“

Angeblich hat Seehofer den ultimativen 63 Punkte Masterplan in der Schublade. Keiner kennt ihn, jeder diskutiert darüber. Währenddessen sterben am Mittelmeer weiter täglich geflüchtete Menschen.
Der Hauptdiskussionspunkt ist, dass an deutschen Grenzen Geflüchtete nicht herein gelassen werden sollen, die schon in anderen Ländern registriert wurden. Diese Forderung wird zu einem Zeitpunkt diskutiert, zu dem Rettungsschiffe mit Geflüchteten an den Küsten von Italien, Malta oder Frankreich abgewiesen werden. Und dies, obwohl die Zahlen der ankommenden Geflüchteten massiv gesunken sind.
Was also sollte diese Länder daran hindern, Geflüchtete nicht mehr zu registrieren weil sie dann ja in den eigenen Ländern bleiben müssen?
Was machen unsere „Grenzwächter“ dann?
Schon dieser kleine Einwand zeigt auf, dass Lösungen für ein seit Jahren bekanntes Problem nicht durch neue Gesetze, die mehr Grenzkontrollen oder mehr Lager fordern, gelöst werden können.
In Libyen werden in den (von der Bundesrepublik unterstützten) Lagern Menschen versklavt, gefoltert, vergewaltigt. Sie fliehen nicht freiwillig über das Mittelmeer, noch mehr Lager werden die Situation verschärfen.

Wer diese Probleme anspricht, wird immer wieder gefragt, kennst du eine Lösung?
Ja:  Die Lösung wäre, die Verhältnisse, in den Ländern/Regionen aus denen die Menschen fliehen müssen, so verbessern, dass die Fluchtgründe gestoppt werden.
Da geht es nicht nur darum den Menschen vor Ort direkt zu helfen, sondern zu erkennen, dass Politik, Handel und Wirtschaft der Industrieländer zu vielen dieser Problematiken geführt haben. Selbst (Bürger-) Kriege fallen nicht vom Himmel, eine internationale Gemeinschaft könnte dort durch frühzeitiges, geschlossenes Eingreifen Schlimmes verhindern.
Sicherlich wird es dabei sehr viele Schwierigkeiten zu lösen geben.  Aber besser hier sofort anfangen, als immer mehr Menschen in die Flucht zu treiben und an den Grenzen der reichsten Länder der Welt, tausende Tote in Kauf zu nehmen.

Diese Lösungen müssen jetzt angegangen werden, nicht erst dann wenn die Zahl der Geflüchteten wieder zu nimmt.

Deshalb ist mir der 10-Punkte Plan der Piratenpartei Rheinland-Pfalz wichtig, denn mit dessen Umsetzung hätte schon begonnen werden können, selbst wenn er „hier und da“ abgeändert werden muss. Wenn wir  jetzt anfangen und verantwortlich handeln, werden Lösungen möglich sein, die allen Menschen helfen.
Aus Gründen hier noch mal das Positionspapier,  verabschiedet auf dem Landesparteitag im Februar 2016 in Mainz

Die Ausgangsposition:
Viele Länder befinden sich zur Zeit im Krieg oder schweren Krisen. Im arabischen Raum sind viele Länder seit dem arabischen Frühling noch nicht zur Ruhe gekommen und befinden sich in einem latenten Bürgerkrieg. Parallel dazu vergrößern sich Hungersnöte in immer mehr Ländern Afrikas und anderen Regionen dieser Erde. Diese Krisen und Klimakatastrophen werden auch in den kommenden Jahren zu immer mehr Flüchtlingen führen. Die Piratenpartei ist zu der Überzeugung gelangt, um internationale Krisen und Konflikte dauerhaft zu überwinden, müssen neue Denk- und Arbeitsstrukturen zur Krisenbewältigung angewandt werden. Lösungen sind nur in internationalen Übereinkommen zu finden. Dazu müssen nationalstaatliche Vorteile zugunsten von humanen, globalen Lösungen in den Hintergrund treten. Deshalb setzt sich die Piratenpartei dafür ein, dass wir sämtliche überregionalen wirtschaftlichen und sozialen Handlungen immer unter den Aspekten der globalen Verträglichkeit betrachten. Wir fordern deshalb als Sofortmaßnahmen:

1 – Sich beim internationalen Waffenhandel ab sofort an bestehende Gesetze zu halten und jeden Handel mit anderen Nationen oder Organisationen transparent und leicht auffindbar darzulegen.
2 – Mittel und langfristig sollte der Waffenhandel stark eingeschränkt oder komplett aufgegeben werden.
3 – Freihandelsabkommen in der Größenordnung von TTIP, CETA oder TISA sind nicht zu ratifizieren oder sofort zu stoppen. Mit diesen Abkommen werden Drittländer sehr oft benachteiligt, was indirekt zu Flüchtlingswellen in diesen Ländern führt.
4 – Subventionierter Nahrungsmittelexport in Entwicklungsländer hat sofort zu unterbleiben. Er führt dort zum Sterben der Landwirtschaft und damit wird die Möglichkeit der Selbstversorgung ruiniert.
5 – Die, teilweise industrielle, Überfischung der Weltmeere, besonders vor den Küsten von Entwicklungsländern muss sofort gestoppt werden.
6 – Es ist nicht hinnehmbar dass ein paar Hände voll Menschen so viel besitzen wie die Hälfte der Weltbevölkerung. Hier müssen in der Geld- und Fiskalpolitik Regelungen getroffen werden, die Entwicklungshilfezahlungen, Hilfskredite der Weltbank oder Handelskredite zur Lebensmittelversorgung sicherstellen.
7 – Viele arme Entwicklungsländer sind auf den Export von Rohstoffen energetischer, metallischer oder pflanzlicher Art angewiesen. Der Handel mit diesen muss klaren Richtlinien unterliegen die keine großen Preisschwankungen zulassen.
8 – Der potentiellen Klima-Katastrophe muss wesentlich mehr internationale Beachtung geschenkt werden. Die Ursache und die Konsequenzen der Klimaveränderung sind global, und sie verlangen nach einer sofortigen globalen Antwort. Vorgaben von Klimakonferenzen müssen wesentlich genauer beachtet und durchgesetzt werden.
9 – Internationale Konferenzen zur Beilegung von Kriegen und Krisen sind zu Befürworten, besser ist es aber diese Konferenzen schon präventiv abzuhalten wenn Krisensituationen zu erkennen sind. Hier müssen von der internationalen Gemeinschaft (UNO) Szenarien entwickelt werden, die Konflikte frühzeitig erkennen lassen. Krisenprävention hat hier Vorrang.
10 – Das Geld welches viele Länder in Europa gerade in Personal, Mauern und Zäune zur Grenzsicherung investieren, sollte sofort zur Linderung der Not in großen Flüchtlingslagern bereit gestellt werden.

International gemeinsames politisches Handeln:
Auf das Entstehen vieler Krisen- und Konfliktsituationen wird seit Jahren hingewiesen, ohne dass entsprechende Maßnahmen getroffen werden, deshalb ist diese Liste nur beispielhaft, und unterliegt einer stetigen Veränderung. Ein lösungsorientiertes Vorgehen erfordert daher eine Abkehr von kurzfristigen, nationalen Interessen hin zu einer gemeinsamen internationalen Vorgehensweise, die langfristig zudem auf demokratischen Fundamenten ruhen muss. Nur ein angepasstes wirtschaftliches und soziales Gleichgewicht aller Staaten wird Krieg und weitere Flüchtlingswellen verhindern und sollte in einer aufgeklärten Gesellschaft angestrebt werden. Für diese globalen Denkweisen setzt sich die Piratenpartei ein. Das Errichten von Mauern und Grenzzäunen wird Flüchtlingsströme, wenn überhaupt, nur kurz verhindern, aber zukünftige auf keinen Fall aufhalten.