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50 Tage Gefängnis für umstrittenen Liedtext in wer-kennt-wen?

Die Piratenpartei Rheinland-Pfalz kritisiert die Reaktion der Behörden im Fall Jack S., der in wer-kennt-wen umstrittene Songtexte ohne Kennzeichnung zitiert hatte.

Der 20-jährige steht im Februar in Kaiserslautern vor Gericht, weil er bei der Online-Community „wer-kennt-wen“ in seinem Profil einen Liedtext zitiert hatte, der als Amoklauf-Ankündigung missverstanden wurde. Wegen fehlender Kenntlichmachung als Zitat und mangelnder Recherche auf Behördenseite, wurde seine Wohnung durchsucht und es drohen ihm nun eine hohe Geldstrafe und die Verfahrenskosten oder ersatzweise 50 Tage Haft.

Thomas Fath, Mitglied im Landesvorstand der Piratenpartei Rheinland-Pfalz meint dazu: „Der Fall zeigt deutlich, dass unsere Behörden noch zu wenig Erfahrung und Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien und sozialen Plattformen besitzen. Dass sie nach den tragischen Amokläufen der Vergangenheit keine Fehler machen wollen und möglichen Hinweisen im Netz nachgehen, ist nachvollziehbar. Mögliche Amoklauf-Ankündigungen müssen ernst genommen werden, jedoch muss jeder Einzelfall sachlich und ruhig geprüft werden. Hysterie ist ein schlechter Ratgeber! Ein missverständlicher Eintrag im eigenen Profil einer Online-Community darf auch nicht Grund für eine 50-tägige Haftstrafe sein. Das ist absolut unverhältnismäßig!
In jedem Fall wird auch zu entscheiden sein, wo im Netz die Privatsph?re des Einzelnen endet und die ?ffentlichkeit beginnt.“

Jack S. hatte in seinem Profil – das nur nach Registrierung zugänglich ist – unter der Rubrik „Was machst du gerade?“ aus Songtexten zitiert, in denen von Waffen und T?ten die Rede war. Kurz darauf erschienen Polizeibeamte bei ihm zur Hausdurchsuchung. Jedoch wurden weder illegale Schusswaffen noch anderes belastendes Material gefunden. Den Beamten erläuterte der junge Mann, dass es sich um ein Missverständnis handele und die Zitate aus Liedern seiner Lieblingsbands stammten. Das Amtsgericht Kaiserslautern verhängte jedoch einen Strafbefehl gegen ihn, weil seine Eintr?ge geeignet gewesen seien, „den öffentlichen Frieden zu st?ren?. Er habe „einen Totschlag angedroht“, urteilte das Gericht trotz Klarstellung. Da der 20-jährige die Strafe nicht bezahlen kann, drohen ihm nun 50 Tage Haft. Er hat Widerspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Die Hauptverhandlung ist für den 2. Februar angesetzt.