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Wenn Politik den Fasching ruiniert

Eine leere Straße, scheinbar Fasching, aber niemand darf mehr hingehen - sind unsere Sicherheitsgesetze überzogen?

Helau!

Unter Piraten finden sich – wie in jeder Gruppe – schunkelnde als auch nichtschunkelnde Menschen, aber alle sind sich einig: Fasching gehört zu Rheinland-Pfalz und ist nicht verhandelbar.

Zum Rosenmontag müssen wir feststellen, dass das kein reiner Selbstläufer ist. Seit 2020 regelt §26 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (1), wie öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel, somit auch Karnevalsveranstaltungen, stattzufinden haben. Das Gesetz hat seit seiner Einführung mitten in der Corona-Pandemie (2) bereits mehrfach das Ausrichten von Festen verhindert, verschiedene Ortschaften meldeten, dass Traditionsveranstaltungen nicht mehr stattfinden können. Teilweise liegt dies an den gestiegenen Auflagen zur Absperrung (was in vielen Ortschaften nicht ohne weiteres möglich ist), Brandschutz, Wachpersonal, Sanitätsdiensten, Einsatz von baulichen Trennzäunen und verpflichtender Abnahme von Bühnen und noch vieles mehr. Die Kosten für eine Großveranstaltung können sich kleinere Ortschaften schlicht nicht mehr leisten.

Auch Pfälzer Karnevalsvereine melden sich zahlreich zu Wort (3) – Karneval oder Fasching ist eben vornehmlich kein kommerzielles Geschäft, er wird vielfach von Menschen aus der Gesellschaft ehrenamtlich veranstaltet und getragen. Wir fragen: Woher sollen diese Mittel kommen? Zum Vergleich: Der Rosenmontags-Umzug in Mainz kostet laut dem Präsidenten des MCV circa eine halbe Million Euro. Ungefähr 170.000€ entfallen hier auf Sicherheitsvorkehrungen.

Zugestanden: Wir alle haben die Bilder der Love Parade und den Anschlag am Berliner Breitscheidplatz in Erinnerung. Eine vorausschauende Planung mit Augenmaß muss sein. Die aktuellen Regelungen legen jedoch viel Entscheidungsbefugnis in die Hände der Ordnungsämter (4), und der komplette Gesetzeskatalog sieht ein komplexes Antragsverfahren und noch komplexere Auflagen vor (5). Es reicht hier nicht mehr aus, nur gut im Ausrichten von Festen zu sein, ein langer Atem im Umgang mit Behörden ist absolut notwendig.

Wir sind der Überzeugung: Das neue Polizei- und Ordnungsbehördengesetz hat das Auge für Verhältnismäßigkeit verloren. Nicht nur ist ein absolutes Verhindern von Anschlagsgefahren völlig unmöglich, denn Extremisten werden leider immer Wege finden freiheitlich lebenden Menschen zu schaden. Vielmehr es verhindert letzten Endes auch das Ausüben von Freiheit und Kultur. Im Gegensatz zu einem Virus, bei dessen Einschränkung Rücksichtnahme und Vorsicht von jedem Menschen erwartet werden kann, ist Heimtücke und Hass eine Gefahr, in der wir in einer Demokratie ständig und ohne Vorwarnung durch deren Feinde ausgesetzt sind. Dieses Risiko lässt sich nicht völlig absichern, und der Versuch vernichtet Lebensgefühl.

„Diejenigen, die ihre grundlegende Freiheit aufgeben würden, um ein wenig vorübergehende Sicherheit zu erkaufen, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit.“

– Benjamin Franklin

Nun hat sich Innenminister Ebling geäußert, man könne keine Abstriche bei der „Sicherheit“ machen. Wir korrigieren: bei der „gefühlten Sicherheit“. Man kann es nur gebetsmühlenartig wiederholen: Ein Absperrzaun verhindert keine Anschläge und Kameras verhindern keine Straftaten. Dadurch verlagert sich die Kreativität krimineller Geister auf andere Varianten; Ein Wettrennen, das das „moderne“ Sicherheitstheater nicht gewinnen kann ohne alles im Keim zu ersticken.

Für diese Fassenacht ist bereits alles gelaufen – das RKK hat vorgeblich auch für die zusätzliche TÜV-Prüfung der Festwagen eine Einigung verkündet (7), nur um von der Realität eingeholt zu werden. In Andernach wurde damit ehrenamtliche Zeit vernichtet und Karnevalskultur in der Garage festgesetzt (8). Auch diese Regelungen sind neu und werfen die Frage auf welches Problem damit eigentlich gelöst werden soll?

Für Menschen wird ein konservativ gelesenes Gesetzesmonstrum keine positive Wirkung entfalten, im Gegenteil, es macht uns alle ärmer.

PIRATEN fordern: §26 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes gehört entschärft, es führt zu keinem Sicherheitsgewinn.

 

Quellen:

1 Gefahrenvorsorge und Gefahrenabwehr bei öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel
2 Keine Corona-Regeln mehr: Warum einige Feste trotzdem ausfallen
3 SWR – Fastnacht – Kosten und Regeln belasten die Vereine
4 Öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel
5 Gefahrenvorsorge und Gefahrenabwehr bei öffentlichen Veranstaltungen unte freiem Himmel in Rheinland-Pfalz (DPF)
6 RLP-Innenminister will Auflagen für Fastnachtsumzüge überprüfen
7 Überprüfung von Karnevalswagen: RKK und Land sind sich einig, Vereine atmen auf
8 Aufregung um Rosenmontagszug in Andernach