Landesverwaltung und Demokratie

Der Zugang zu Wissen und Information ist die Grundlage für unsere freiheitlich-demokratische Informations- und Wissensgesellschaft. Wir PIRATEN setzen uns daher für eine Stärkung der Informationsfreiheit und einen freien und offenen Zugang zu allen staatlichen und staatlich geförderten Informationsbeständen ein.

Informationsfreiheit

Wir PIRATEN wollen die Parlamente, die Behörden und die rechtlichen Grundlagen so umgestalten, dass sie diesem gesamtgesellschaftlichen Anspruch der Informationsfreiheit für alle Bürger Rechnung tragen. Wir setzen uns dafür ein, dass sich der Staat vom Prinzip der Geheimhaltung abkehrt und ein Prinzip der Öffentlichkeit einführt, welches den mündigen Bürger in den Mittelpunkt staatlichen Handelns und Gestaltens stellt.

Transparente Information über Großprojekte

Bei der Planung und Umsetzung von Großprojekten sollen frühzeitig alle relevanten Informationen veröffentlicht werden. Daneben sollen die betroffenen Bürger angemessen und frühzeitig beteiligt werden. Bei einer Verlegung in private Rechtsformen muss diese Veröffentlichungspflicht weiterhin gewährleistet sein. Wir wollen eine offenere Kommunikation bei der Planung und Umsetzung von Großprojekten anstoßen.

Offene Dateiformate und lizenzfreie Software

Wir werden dafür sorgen, dass die Verwaltungen des Landes und der Kommunen vollständig auf offene Dateiformate umsteigen. Dies vereinfacht den Datenaustausch zwischen den Behörden untereinander und mit den Bürgern.
Durch die Offenheit des Quellcodes bei freier Software gibt es keine Abhängigkeit von einem bestimmten Softwarehersteller. Dies verbessert die Möglichkeiten für spätere Anpassungen, wenn sich beispielsweise rechtliche Rahmenbedingungen für Behörden ändern. Bei freier Software entfallen außerdem auf lange Sicht große Summen für Lizenzgebühren. Den kurzfristig höheren Kosten für Einarbeitungsaufwand stehen so mittel- und langfristige Einsparungen gegenüber. Wartungsverträge können mit Firmen vor Ort geschlossen werden, was die regionale Wirtschaft fördert. Bei öffentlichen Ausschreibungen sollen Open-Source-Produkte mit offenen Dateiformaten bevorzugt behandelt werden.
Verträge der Landesregierung mit Software-Monopolisten zum Einsatz von Software in Schulen, Hochschulen und Verwaltung sowie im Bereich des Jugendmedienschutzes und der Medienkompetenzförderung lehnen wir ab und werden entsprechende bereits bestehende Verträge aufkündigen.
Offene Formate garantieren, dass Informationen auch langfristig lesbar sind. Diese müssen möglichst in durchsuchbarer Form zur Verfügung gestellt werden.

Der Zugang zu veröffentlichten Informationen darf nicht davon abhängen, welches Computersystem jemand benutzt, ob spezielle Software installiert oder gekauft wurde. Deshalb ist es erforderlich, Veröffentlichungen in einer Form vorzunehmen, die auf offenen, standardisierten Formaten basiert.

Auskunftsanspruch

Wir wollen gewährleisten, dass jeder Bürger sein Recht durchsetzen kann, auf allen Ebenen der staatlichen Ordnung Einsicht in die Aktenvorgänge und die den jeweiligen Stellen zur Verfügung stehenden Informationen zu nehmen. Dies gilt für schriftliches Aktenmaterial ebenso wie für digitale oder andere Medien.
Ausnahmeregelungen zum Auskunftsanspruch sind eng und eindeutig zu formulieren und dürfen nicht pauschal ganze Behörden oder Verwaltungsgebiete ausnehmen. Für eine breite und effiziente Nutzung der Daten ist die Auskunftsstelle verpflichtet, Zugang in Form einer Akteneinsicht oder einer Materialkopie zu gewähren. Der Zugang soll zeitnah und mit einer klaren und fairen Kostenregelung erfolgen. Verweigerung des Zugangs muss schriftlich begründet werden und kann vom Antragsteller sowie von betroffenen Dritten gerichtlich überprüft werden lassen, wobei dem Gericht zu diesem Zweck voller Zugang durch die öffentliche Stelle gewährt werden muss.

Keine Datenhehlerei

Es ist inakzeptabel, dass die Landesregierung unter dem Deckmantel der Steuergerechtigkeit Bankdaten von Bürgerinnen und Bürgern aufkauft und damit die Steuergerechtigkeit in die Hände von Kriminellen legt, statt sich für ein einfacheres, transparenteres und gerechteres Steuersystem einzusetzen.
Den Ankauf von personenbezogenen Daten von Bürgerinnen und Bürgern durch Ämter und Behörden lehnt die Piratenpartei generell ab. In einem Rechtsstaat darf sich der Staat nicht als Datenhehler betätigen. Wer mit Kriminellen zusammenarbeitet und diese für Straftaten oder deren Beute bezahlt, fördert damit ggf. sogar weitere Straftaten. Auch bei Ermittlungen im Bankenumfeld gilt für alle Betroffenen die Unschuldsvermutung. Es ist nicht hinnehmbar, dass gegen Menschen ermittelt wird und sie z.B. mit einer oft traumatisierenden Hausdurchsuchung rechnen müssen, lediglich weil ihre Daten von Kriminellen an den Staat verkauft werden. Ermittlungen müssen sich im Rahmen von Kriminalitätsbekämpfung generell auf konkrete Verdachtsfälle beschränken. Ein Auslandskonto zu besitzen, darf aber noch keinen Verdacht einer Straftat begründen.
Die mangelhafte Absicherung und Zugriffskontrolle von Unternehmensdatenbanken erleichtert nach Ansicht der PIRATEN, Daten illegal auszulesen und weiterzugeben. Wir setzen uns daher dafür ein, das Bewusstsein für Datensicherheit und Datensparsamkeit auch im Unternehmensumfeld zu stärken.

Bekämpfung von Korruption

Damit für die rheinland-pfälzischen Bürgerinnen und Bürger klar ersichtlich ist, wer die Politik im Land beeinflusst, werden wir ein vollständiges Lobbyistenregister auf Landesebene einführen, in dem alle Verbände und Vertreter aufgeführt werden, die Einfluss auf Gesetzgebungsprozesse oder deren Ausgestaltung durch Verordnungen haben. In den Ministerien dürfen keine Mitarbeiter von Unternehmen dauerhaft ihre Arbeit verrichten. Lediglich in transparenten Anhörungen dürfen diese als Sachverständige angehört werden. Anhörungen zu Gesetzesinitiativen oder anderen Vorhaben der Landesregierung müssen stets öffentlich angekündigt werden und für jeden zugänglich sein. Insbesondere Verbraucherverbände, Bürgerrechts- und Menschenrechtsorganisationen müssen von Anfang an in Gesetzgebungsprozesse eingeweiht werden und Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen. Alle Stellungnahmen von Interessenverbänden müssen öffentlich z.B. über das Internet zugänglich gemacht werden.

Vergaberegister zur Korruptionsbekämpfung

Wir wollen ein Vergaberegister schaffen, mit dessen Hilfe bereits auffällig gewordene Firmen künftig von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Diese Informationen sollen nicht nur Behörden zur Verfügung stehen, sondern auch der interessierten Öffentlichkeit. Das Korruptionsbekämpfungsgesetz von Nordrhein-Westfalen kann hier als Vorlage dienen.

Nebeneinkünfte und Nebentätigkeiten von Amts- und Mandatsträgern

Mandatsträger und Ausübende politischer Ämter müssen zur Offenlegung sämtlicher Nebeneinkünfte und Nebentätigkeiten verpflichtet sein. Nur wenn der Bürger weiß von wem die genannten Personen bezahlt werden und für wen sie arbeiten, kann er sich ein vollständiges Bild über deren Unabhängigkeit oder ggf. deren Abhängigkeit machen. Die Offenlegungspflicht soll auch für unentgeltliche (nicht private) Nebentätigkeiten, wie Ehrenämter in Vereinen und Verbänden gelten. Dazu werden wir ein Modell erarbeiten, das über die Regelungen auf Bundesebene hinausgeht. Das dreistufige System reicht nicht aus, da die höchste Stufe von 7000 Euro nichts darüber aussagt, wie hoch die Nebeneinkünfte tatsächlich ausfallen. Um mögliche Interessenkonflikte erkennen zu können, müssen die zusätzlichen Einkünfte transparent offengelegt werden.

Transparenter Haushalt

Die Transparenz im Haushalt des Landes und bei der Verwendung von sonstigen Landesmitteln muss dringend verbessert werden. Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sind nicht im erforderlichen Maß gewährleistet.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Haushalte der überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierten Stiftungen unter verstärkte parlamentarische Kontrolle gestellt werden.

Mehr Demokratie

Wir wollen, dass alle Menschen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit bei Kommunal- und Landtagswahlen wählen dürfen. Die einzige Voraussetzung soll sein, mindestens drei Monate in der Gemeinde bzw. in unserem Bundesland zu leben.

Fraktionszwänge

Wir setzen uns für mehr Freiheit und Unabhängigkeit des einzelnen Abgeordneten im Parlament ein. Um den Parteiendruck zu verringern, muss der Einfluss der Wähler auf die personelle Zusammensetzung des Landtags gestärkt werden. Daher wollen wir auch für Landtagswahlen die Möglichkeit schaffen, Kandidaten verschiedener Parteien zu wählen oder einzelne Kandidaten zu stärken (panaschieren und kumulieren), wie es bereits bei Kommunalwahlen möglich ist.

Briefwahl begrenzen!

Bereits 1981 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Briefwahl problematisch im Hinblick auf die Grundsätze der freien und der geheimen Wahl ist. Damals wurden Briefwahlunterlagen aber nur in begründeten Fällen ausgestellt, sodass die Briefwahl trotzdem akzeptiert wurde. Mittlerweile ist die Zahl der Briefwähler jedoch stark gestiegen. Wir möchten daher die Möglichkeit der Briefwahl auf ein absolutes Minimum beschränken.
Mobile Wahllokale, die z. B. bereits in kleineren Pflegeeinrichtungen eingesetzt werden, sollen zukünftig auch Menschen mit einbeziehen, die zuhause gepflegt werden. Für Personen, die am Wahltag verhindert sind, soll es ermöglicht werden, ausnahmsweise vor dem eigentlichen Wahltermin in eigenen Wahllokalen zu wählen.

Sperrklausel

Bislang braucht eine Partei mindestens 5 % der Stimmen, um Vertreter in den Landtag entsenden zu können. Auf kommunaler Ebene gibt es eine solche Sperrklausel nicht, auch für die Europawahl gibt es sie mittlerweile nicht mehr. Wir wollen die Fünfprozenthürde auch auf Landesebene abschaffen! Dadurch werden auch die Anhänger kleinerer Parteien in der Landespolitik berücksichtigt und neue Ideen in den Landtag gebracht.

Petitionsrecht

Jeder hat das Recht, sich mit Beschwerden oder Anregungen an das Parlament zu wenden. Wir wollen, dass dieses Recht verstärkt genutzt wird: Nach Vorbild des Portals „ePetitionen“ des Bundestags wollen wir auch für dem Landtag Rheinland-Pfalz eine Website einrichten, auf der Petitionen öffentlich eingereicht, diskutiert und unterstützt werden können. Sitzungen des Petitionsausschusses müssen immer öffentlich sein.
Auf kommunaler Ebene wollen wir Plattformen erstellen, auf denen jeder Anregungen an die Kommunalverwaltung und die Stadt- bzw. Gemeinderäte richten kann.

Volksabstimmungen

Bisher wurde in Rheinland-Pfalz noch nie ein landesweiter Volksentscheid durchgeführt. Wir wollen daher die Hürden dafür senken.
Die Sammelfrist für Unterschriften wird von bisher zwei auf künftig sechs Monate verlängert, die Zahl der notwendigen Unterschriften wollen wir von jetzt 300.000 auf 100.000 verringern. Die Unterschriften müssen bisher auf der Gemeindeverwaltung abgegeben werden, diese Hürde wollen wir abschaffen und durch eine freie Unterschriftensammlung ersetzen. Außerdem fordern wir, dass Volksinitiativen und Volksbegehren im Landtag in jedem Fall öffentlich behandelt werden müssen.
Bei Volksentscheiden wollen wir anstelle der Mindestbeteiligung (Beteiligungsquorum) eine Mindestzustimmung (Zustimmungsquorum) einführen, um zu verhindern, dass Gegner eines Vorschlags zum Boykott der Abstimmung aufrufen. Da über unsere Landesverfassung 1948 in einer Volksabstimmung entschieden wurde, wollen wir künftig für alle Verfassungsänderungen verpflichtend eine Volksabstimmung durchführen.
Auch auf kommunaler Ebene wollen wir das Zustandekommen eines Bürgerentscheids vereinfachen. Die dafür nötige Unterschriftenzahl wollen wir von jetzt 10 % auf 5 % der Wahlberechtigten halbieren. Die in manchen Fällen vorgesehene Frist für das Sammeln der Unterschriften wollen wir von jetzt vier Monaten auf sechs Monate verlängern. Die Liste der Themen, bei denen ein Bürgerentscheid nicht zulässig ist, wollen wir kürzen. Kommt es zu einem Bürgerentscheid, wollen wir das Zustimmungsquorum abschaffen oder zumindest verringern.

Staatsleistungen an Kirchen beenden

Die Länder zahlen jährlich ca. 400-500 Millionen Euro an die Kirchen. In Rheinland-Pfalz wurden dafür im Landeshaushalt 2013 etwa 53 Millionen Euro veranschlagt. Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz müssen darüber hinaus aufgrund jahrhundertealter Verträge eigene Zahlungen an Kirchengemeinden leisten. Wir möchten diese Zahlungsverpflichtungen von Land und Kommunen gesetzlich beenden.

Religionsgemeinschaften im Arbeitsrecht

Beschäftigte bei Religionsgemeinschaften müssen als Arbeitnehmer die gleichen Rechte haben wie Beschäftigte in nichtreligiösen Unternehmen bzw. Organisationen. Auch bis zur vollständigen Entflechtung von Kirche und Staat darf es nicht hingenommen werden, dass in Organisationen, die öffentliche Gelder erhalten, Menschen wegen ihrer Religionszugehörigkeit, ihrer persönlichen Meinung oder ihrem privaten Lebenswandel benachteiligt werden.

Religiöse Symbole in staatlichen Institutionen

Alle religiösen Symbole werden aus staatlichen Institutionen entfernt. Architektur und Gestaltung eines Gebäudes lassen auf den Charakter der Verwendung dieses Gebäudes schließen. Davon unberührt bleiben religiöse Symbole, die Angestellte z. B. als Kleidung oder Schmuck tragen (Kreuze als Anhänger, Kopftuch). Eigene Überzeugungen auf diese Art zum Ausdruck zu bringen liegt in der freien Entscheidung jedes einzelnen Menschen.

Besetzung und Transparenz der Rundfunkgremien

Der Einfluss der Verwaltungsgremien der Öffentlich-Rechtlichen ist hoch. Dadurch kann es dazu kommen, dass aus parteipolitischem Kalkül versucht wird, Einfluss auf Personal oder Programmgestaltung zu nehmen. Die Piratenpartei fordert daher, dass in Verwaltungsgremien der Öffentlich-Rechtlichen keine Mitglieder von Landesregierungen vertreten sein dürfen. Die Sitzungen der Gremien sollen zukünftig außerdem öffentlich stattfinden und ins Internet übertragen werden. Die PIRATEN setzen sich dafür ein, dass auch bisher vernachlässigte gesellschaftliche Gruppierungen wie z.B. Datenschutz- und Bürgerrechtsorganisationen (Chaos Computer Club e.V., DigitalCourage e.V. und Digitale Gesellschaft e.V.), aber auch Konfessionslosenverbände in den Rundfunkräten einen Platz bekommen und Gehör finden.