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Säkularer Staat? Tanzverbot abschaffen!

Tanzende junge Menschen
Tanzende Menschen. KI-Bild

Für Freiheit und Gleichheit: Warum das Tanzverbot abgeschafft und Kirche und Staat konsequent getrennt werden müssen

In einem säkularen, demokratischen Staat wie der Bundesrepublik Deutschland sollte das Prinzip der weltanschaulichen Neutralität oberstes Gebot staatlichen Handelns sein. Dennoch existieren bis heute gesetzliche Regelungen, die religiöse Normen über individuelle Freiheitsrechte stellen. Das bekannteste Beispiel ist das „Tanzverbot“ an sogenannten stillen Feiertagen wie Karfreitag oder dem Totensonntag. Es ist Zeit, diese Regelung abzuschaffen – und damit einen weiteren Schritt hin zu einer echten Trennung von Kirche und Staat zu gehen.

Religiöse Normen dürfen nicht das öffentliche Leben diktieren

Das Tanzverbot schreibt vor, dass an bestimmten christlich geprägten Feiertagen keine öffentlichen Tanzveranstaltungen oder „Vergnügungen“ stattfinden dürfen. Begründet wird dies mit dem Schutz religiöser Gefühle und der „Würde des Feiertags“. Doch diese Begründung ist problematisch. Ein säkularer Staat darf keine Religion bevorzugen und sollte sich nicht zur Wahrerin religiöser Vorschriften aufspielen. Wer den Karfreitag im stillen Gedenken verbringen möchte, soll dazu jede Möglichkeit haben. Doch daraus lässt sich kein Anspruch ableiten, anderen Personen ihr eigenes Freizeitverhalten vorzuschreiben.

Diese Regelung benachteiligt all jene, die entweder keiner Religion angehören oder deren Glaubensvorstellungen mit denen der christlichen Kirchen nicht übereinstimmen. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, religiöse Gefühle vor allem anderen zu schützen – sondern Grundrechte zu wahren. Dazu zählt auch das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und kulturelle Teilhabe.

Das Tanzverbot ist Symbol einer überholten Verflechtung

Das Tanzverbot steht nicht isoliert da. Es ist Teil eines größeren Problems: der institutionellen Verflechtung von Kirche und Staat in Deutschland. Noch immer genießen die großen Kirchen Privilegien, die mit einem säkularen Selbstverständnis kaum vereinbar sind: Staatsleistungen an die Kirchen, konfessioneller Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, kirchliches Arbeitsrecht, Kirchensteuer über die Finanzämter und eben auch gesetzlich geschützte religiöse Feiertagsruhe.

Diese Verflechtung widerspricht dem in Artikel 140 Grundgesetz verankerten Prinzip der Trennung von Kirche und Staat. Ein wirklich neutraler Staat darf keine weltanschauliche Richtung bevorzugen. Doch das aktuelle System hält an überholten Strukturen fest, die aus einer Zeit stammen, in der religiöse Institutionen gesellschaftlich eine ganz andere Stellung hatten.

Für eine vielfältige und offene Gesellschaft

Deutschland ist eine pluralistische Gesellschaft. Menschen verschiedener Religionen und Weltanschauungen leben hier zusammen. Der Anteil konfessionsfreier Personen wächst seit Jahren stetig – in einigen Regionen stellt diese Gruppe bereits die Mehrheit. Ein Staat, der sich an die Lebensrealität aller Menschen anpassen will, darf seine Gesetzgebung nicht mehr primär an den Interessen einzelner Religionsgemeinschaften ausrichten.

Die Beibehaltung des Tanzverbots suggeriert eine vermeintliche Homogenität, die längst nicht mehr existiert. Vielmehr steht es einer offenen Gesellschaft zu, selbstbestimmt mit kulturellen und religiösen Traditionen umzugehen. Wer trauert, wer feiert, wer innehält – all das darf nicht per Gesetz verordnet werden, sondern sollte individuelle Entscheidung bleiben.

Religionsfreiheit bedeutet auch Freiheit von Religion

Ein häufig vorgebrachtes Gegenargument lautet, dass das Tanzverbot Ausdruck von Religionsfreiheit sei. Doch dieses Argument verkennt den Kern des Freiheitsbegriffs: Religionsfreiheit schützt nicht nur das Recht, eine Religion auszuüben, sondern auch das Recht, keine Religion zu praktizieren – oder religiösen Normen nicht zu folgen. Die Durchsetzung religiöser Ruhegebote im öffentlichen Raum widerspricht dieser Freiheit und stellt eine unverhältnismäßige Einschränkung nichtreligiöser Lebensweisen dar.

Der Staat muss sich emanzipieren

Die konsequente Abschaffung des Tanzverbots wäre mehr als nur ein symbolischer Schritt – sie wäre ein Zeichen der staatlichen Emanzipation von überkommenen Abhängigkeiten. Es geht nicht darum, Religionen zu verdrängen oder Gläubige zu diskriminieren. Im Gegenteil: Nur in einem wirklich neutralen Staat können alle Religionen und Weltanschauungen gleichberechtigt nebeneinander bestehen. Eine staatlich erzwungene religiöse Ruhe hingegen verletzt dieses Gleichgewicht.

Fazit: Für mehr Freiheit und Gerechtigkeit

Die Zeit ist reif, das Tanzverbot auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. Es widerspricht dem Selbstverständnis einer freien, pluralistischen und demokratischen Gesellschaft. Es steht symbolisch für eine unzeitgemäße Verflechtung von Kirche und Staat, die dringend aufgelöst werden muss. Wer Freiheit, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung ernst nimmt, kann nicht länger an einem Gesetz festhalten, das religiöse Vorschriften über das individuelle Recht auf Lebensgestaltung stellt.

Die Abschaffung des Tanzverbots ist zwar ein kleiner aber ein notwendiger Schritt – hin zu einer gerechteren Gesellschaft, die Vielfalt nicht nur akzeptiert, sondern aktiv schützt.